GESCHICHTE

Volkshochschule Oberwallis

Text vom «Walliser Volksfreund» vom Freitag, 3. Juni 1955

Die Idee und der Wille, für die Bildung der Erwachsenen etwas zu tun, beschäftigt seit mehreren Jahren verantwortungsbewusste Frauen und Männer aus dem Oberwallis. Während Schule und Elternhaus die Jugendbilden und erziehen, um sie zu tüchtigen und wertvollen Menschen für das Leben zu formen, bleiben abgesehen von der sehr verdienstvollen Tätigkeit einiger weniger kultureller Vereinigungen, die für ihr Wirken Anerkennung und Dank verdienen, Wissensdurst und Bildungshunger zahlreicher geistig regsamer Erwachsener ungestillt. Gross ist die Gefahr, in der geistigen Entwicklungstille zu stehen und dadurch langsam zu verkümmern. Der rasche Fluss der Ereignisse und die wachsenden beruflichen Pflichten drängen das trotz allem immer wieder ungestüm hervorbrechende Verlangen nach vermehrtem Wissen und allseitiger Bildung in den Hintergrund. Materielle Interessen beherrschen das Feld. Geistige Belange haben zurück zu treten. Ist das richtig und zu verantworten? Sollte nicht vielmehr der Geist über der Materie stehen und sie durchdringen und beherrschen? Sollen nicht Erwachsene aus allen Volksschichten die Möglichkeit haben, Erlerntes zu vertiefen, neue Kenntnisse zu erwerben und einzudringen in die großartigen Weiten der verschiedensten Wissensgebiete? Soll der Erwachsene nicht mehr nach Wissen streben und sich Bildung aneignen können?Diese und ähnliche Fragen führten zum Entschluss, auch im Oberwallis eine Volkshochschule ins Leben zu rufen, wie solche anzahlreichen anderen Orten der Schweiz und im Ausland schon seit vielen Jahren bestehen. Nach gründlichen Vorarbeiten und eingehenden Beratungen haben nun am 1. Juni 1955 diese Überlegungen und der Wille, für die Bildung der Erwachsenen im Oberwallis etwas zu tun, Gestalt und rechtliche Form angenommen, indem unter dem Namen «Oberwalliser Volkshochschule» ein Verein mit Sitz in Brig für das deutschsprachige Wallis gebildet worden ist. Die damit geschaffene Organisation wird Mitglied des Verbandes Schweizerischer Volkshochschulen sein. Die «Oberwalliser Volkshochschule» will die Bildung der Erwachsenen auf der Grundlage christlicher Weltanschauung fördern durch Vorlesungen, Kurse, Führungen und ähnliche Veranstaltungen. Sie soll allen geistig interessierten Schichten der Bevölkerung Wissen und Erkenntnisse vermitteln. Wissen bedeutet nicht nur Macht, sondern Wissen macht auch frei. Um die «Oberwalliser Volkshochschule» auf eine möglichst breite Grundlage zustellen und damit den durch sie zu verwirklichenden Gedanken der Erwachsenenbildung wirkungsvoll ins Volk hinauszutragen, ist unter Berücksichtigung und Heranziehung der Oberwalliser Bildungsstätten, aller kulturell tätigen Vereinigungen und der Standesvereine ein großer Vorstand gewählt worden, aus welchem dann ein engerer Arbeitsausschuss gebildet wird. Dem Vorstand gehören an:

Dr.jur. Max Bürcher, Advokat und Notar, Brig, Präsident,

Lic.jur. Ferdinand Summermatter, Gerichtspräsident, Visp, Vizepräsident,

Lic.jur. et phil. Josef Ritz, Advokat und Notar, Brig, Sekretär,

ErnstChastonay, Professor am Kollegium Brig, Kassier,

Dr.sc. nat. Ludwig Werlen, Rektor des Kollegiums Spiritus Sanctus, Brig,

Sr.M. Stephanie, Direktorin des Institutes St. Ursula, Brig,

JosefImhof, Gewerbelehrer, Glis

Dipl.ing. agr. H. Bloetzer, Direktor der Landwirtschaftlichen Schule, Visp,

CatherineBürcher-Cathrein, Präsidentin des kath. Frauenbundes des Oberwallis, Brig, AntoinetteHallenbarter, Berufsberaterin, Brig,

Lic.sc. nat. Rudolf Jenelten, Sekundarlehrer, Präsident des kath. Jungmannschaftsverbandesdes Oberwallis, Visp,

Dr.rer. soc. Albert Julen, Präsident des Geschichtsforschenden Vereins vomOberwallis, Brig,

Dr.med. Hans Perrig, Präsident des Vortragsvereins von Brig und Umgebung, Brig

Dr.med. Anton Salzmann, Obmann des Rottenbundes, Naters,

Ing.agr. Alois Schnydrig, Vertreter, Brig-Pratteln.

 Die«Oberwalliser Volkshochschule» soll und wird die bestehenden kulturell tätigen Vereinigungen nicht konkurrenzieren. Sie soll vielmehr ergänzend wirken und dazu berufen sein, die große Lücke in der Erwachsenenbildung auszufüllen. Die Bevölkerung wird schon heute zur Teilnahme und Mitwirkung eingeladen und aufgerufen. Das Tätigkeitsprogramm wird zu gegebener Zeit veröffentlicht werden. Mögen diese idealen Bestrebungen, die allen Volkskreisen zugute kommen sollen, von der Bevölkerung nicht nur wohlwollend aufgenommen, sondern kräftig unterstützt und zielbewusst gefördert werden. Es geht um eine gute Sache.